Pflanzaktionen: Der Harzer Wald geht nicht ohne uns

Kahlfläche nach Sturm und Borkenkäfer

Naturschutzwart des Harzklub e.V. zur Situation der Harzer Wälder

Termine für Pflanzaktionen zur Unterstützung der Niedersächsischen Landesforsten

(derharz) Der Wald ist seit drei Jahren europaweit in aller Munde. Er ist in Zeitungen, Internetbeiträgen und Talkshows zur besten Sendezeit das Thema Nummer eins. Wie kam es dazu, dass ein so langlebiger Organismus, der Jahrhunderte überdauert, permanent da ist und interessante Geschichten erzählen könnte, auf einen Schlag zum Medienstar wird? Der Grund ist traurig, denn dem Wald geht es nicht gut. Stürme, Trockenheit und eine unvorstellbare Borkenkäferplage treffen auch unsere Harzer Wälder empfindlich und bereiten den im Wald arbeitenden und vom Wald lebenden Menschen große Sorgen.

Waldbesucher erschrecken die jetzigen Waldbilder und die vielen Maschinen im Wald. Vorschnell werden Stimmen laut, die die Bewirtschafter der Wälder dafür verantwortlich machen, ihnen Untätigkeit oder einen zu zögerlichen Waldumbau vorwerfen. Dabei wird gegen den Nationalpark, den Privat-, Kommunal- und Landeswald ausgeteilt. Mit stark vereinfachten Antworten kommen sie medial gut an, blenden dabei geschichtliche Zusammenhänge aus und tragen nicht zur Problemlösung bei. Im folgenden Artikel möchte ich erklären, warum der heutige Wald im Harz so aussieht und wo die gegenwärtigen Herausforderungen liegen. Ich selbst kam 2004 in den Harz, habe hier meine Ausbildung zum Förster gemacht und bin seit 2015 im Harzklub als Naturschutzwart aktiv. Ich lebe gern mit meiner Familie im Harz, liebe meine Arbeit im Wald und durchquere ihn in meiner Freizeit zu Fuß oder per Mountainbike.

Wald, was ist das eigentlich?

Im Bundeswaldgesetz wird Wald als „jede mit Forstpflanzen bestockte aber auch kahlgeschlagene oder verlichtete Fläche, Waldwege und -wiesen, Lichtungen, Holzlagerplätze sowie weitere mit dem Wald verbundene und ihm dienende Flächen“ definiert. Die Forstwissenschaft beschreibt Wald als „eine Pflanzenformation, die im Wesentlichen aus Bäumen besteht und eine so große Fläche bedeckt, dass sich darauf ein charakteristisches Waldklima entwickeln kann“. Jeder kennt den kühlenden und wohltuenden Effekt, wenn man an heißen Tagen den Wald betritt. Darüber hinaus hat jede (r) von uns eine eigene Vorstellung von Wald und diese sind sehr verschieden. So sind die mitteleuropäischen Wälder seit Jahrtausenden eng mit der Geschichte der dort lebenden Menschen verbunden und damit Spiegel ihrer Bedürfnisse.

Im Wald ging und geht es um Interessen, also um Ansprüche unserer Gesellschaft. Er soll Lebensraum (Natur- und Artenschutz), Produktionsraum (nachhaltige Rohstoffgewinnung) und Erholungsraum (Wandern, Sport, Entspannung) sein. Aktuell wird er zum Sehnsuchtsort einer überwiegend in Städten lebenden Bevölkerung, die sich zunehmend von der Natur entfernt.

Eine Zeitreise – warum sieht der Wald so aus?

„Wer vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart.“. Der Satz Richards von Weizsäcker gilt auch für den Wald, denn er braucht Jahrhunderte um sich zu entwickeln. Die heutige Harzer Landschaft mit seinen ausgedehnten Wäldern, Bergwiesen und vorwiegend menschgemachten Gewässern ist das Ergebnis einer Jahrtausende alten Besiedlungsgeschichte. Der Mensch gestaltete den Harz von einer Urlandschaft in eine Kulturlandschaft. Besonderen Einfluss hatte der über 3.000 Jahre andauernde Bergbau. Neben dem Wasser war der nachwachsende Rohstoff Holz die Hauptenergiequelle unserer Vorfahren.

Im 18. Jahrhundert und somit in der Blütezeit des Bergbaus wurden die Wälder übernutzt. Um den drohenden „Rohstoffmangel“ in den Wäldern abzuwenden, wurde mit schnellwachsender Fichte aufgeforstet. Anfang des 19. Jahrhunderts entwaldet eine massenhafte Borkenkäferplage, genannt die „Große Wurmtrocknis“, den Harz. Grund waren die weitverbreiteten, gleichaltrigen und damit anfälligen Fichtenbestände. Einschneidend für die Harzer Wälder waren die Reparationshiebe nach dem 2. Weltkrieg und die anschließende Borkenkäferplage, die großen Kahlflächen verursachten. Die Wiederbewaldung war eine „Mammutaufgabe“ für die damals im Harz lebenden Menschen.

Es herrschte Armut und Hungersnot. Während Eicheln und Bucheckern der Versorgung von Mensch und Tier dienten, wurde die unkompliziert zu säende Fichte in den Hausgärten angezogen und später auf die Freiflächen verpflanzt. Sie trotzte Hitze, Frost sowie Mäusen und wurde aufgrund ihres schnellen Wachstums und der hervorragenden Bauholzeignung für den anstehenden Wiederaufbau geschätzt. Aus damaliger Sicht führten diese Vorzüge zum wiederholten großflächigen Anbau der Fichte.

In den achtziger Jahren geriet der Harzer Wald durch den sogenannten „sauren Regen“, ausgelöst durch industrielle Luftverschmutzung, in erhebliche Not. Die Fichtenwälder drohten abzusterben. Im Jahr 1987 wurde von den forstlichen und politischen Entscheidungsträgern das weitsichtige Walderneuerungsprogramm Harz beschlossen und umgesetzt. Parallel führten gesetzliche Umweltvorgaben für Industrie und Verkehr zu geringerem Schadstoffausstoß. Die Fichtenwälder erholten sich und durch den Umbau wuchsen jetzt harzweit junge Laubbäume im Schatten der alten Fichten. Diese sogenannten Voranbauten werden bis heute fortgesetzt.

Bereits in den vergangenen Jahrzehnten gab es erhebliche Schäden durch Stürme, wie z.B. 1972 und 2007 die Orkane Quimburga und Kyrill. Die Waldbesitzenden reagieren mit Wiederaufforstungen hin zu Mischwäldern, die in Eigenleistung über den Holzverkauf finanziert wurden. Die Sorge um den Wald ist nicht neu, aber die jetzigen Schäden haben eine neue Dimension. Durch den menschgemachten Klimawandel und einhergehende Stürme, Trockenheit und Borkenkäferbefall verändert der Harzer Wald massiv sein „Gesicht“. Dabei ist das Waldgefüge, dass wir alle kennen in Gefahr, jedoch nicht das Ökosystem. Wald ist zäh und nach Wald kommt wieder Wald.

Was treiben die da eigentlich im Wald?

Die Harzer Wälder gehören unterschiedlichen Waldbesitzern, die unter politischen Rahmenbedingungen ihren Wald bewirtschaften. Dabei sollen die Nutz-, Schutz und Erholungsfunktion des Waldes gleichrangig beachtet werden. Diesem Grundsatz verpflichten sich sowohl der private Waldbesitz, die Kommunen und die Forstbetriebe der Länder. Aufgrund der historisch bedingten, vorherrschenden Fichtenbestände spielt der aktive Waldumbau hinzu Mischwäldern eine große Rolle.

Eine Besonderheit im Harz ist der Nationalpark, der länderübergreifend einen typischen Teil des Harzes großräumig schützen und die biologische Vielfalt erhalten soll. Hier hat der Naturschutz und die Eigendynamik des Ökosystems Wald Vorrang vor den anderen Waldfunktionen.

Alle verbindet, dass sie abhängig von äußeren Einflüssen sind und somit die Folgen des Klimawandels im Arbeitsalltag direkt spüren. Der ihnen anvertraute Wald leidet unter den Folgen und verändert sich. Gleichzeitig kommen viele Menschen zum Wandern und Erholen in den Harz. Die Waldbesitzenden sorgen sich um die Gefahren, die von abgestorbenen Bäume ausgehen. Durch das Beseitigen halten sie die Wälder begeh- und erlebbar für jedermann. Gleichzeitig wollen sie die Wälder fit für die Zukunft machen, also Mischwälder entwickeln. Das kann durch die sogenannte Naturverjüngung erreicht werden.

Das bedeutet, dass sich vorhandene alte Bäume über Ihre Früchte und Samen selbst aussäen. Damit die Sämlinge wachsen können, muss gejagt werden. Neben dem Zulassen natürlicher Verjüngung müssen Bäume gepflanzt werden, denn noch fehlt es vielerorts an Baum- und Strauchartenvielfalt. Diese Vielfalt im Wald wird auch eine buntere „Kommune“ an Tier- und Pflanzenarten nach sich ziehen. Jedoch wächst Wald nur langsam und der Umbau braucht Zeit und kostet Geld. Zudem sind die im Wald Arbeitenden wegen der permanenten Belastung an ihrer Leistungsgrenze.

Pflanzaktionen im Harz unterstützen

Es ist an der Zeit, dass alle am Wald Interessierten jetzt gemeinsam handeln und den Waldumbau aktiv unterstützen. Deshalb wollen wir als Harzklub dazu beitragen, dass unser Wald gemischter und vielfältiger wird und rufen alle herzlich auf bei unseren Pflanzaktionen mitzumachen. Einzelheiten finden Sie hier.

Quelle und Bildquelle: Michael Thätner, Hauptnaturschutzwart im Harzklub e.V.

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