Der Kahlschlag der Harzer Wälder setzt sich fort
(derharz) Das hat der Krisenstab Wald auf seiner heutigen Sitzung im Kleinen Schloss Blankenburg erklärt. „Obwohl 1592 Hektar im Jahr 2022 neu aufgeforstet wurden, nahm die Kahlfläche im selben Zeitraum um 2 245 Hektar zu“, bilanzierte Thomas Balcerowski. Der Landrat hat den Vorsitz des Ende 2020 von ihm ins Leben gerufenen Krisenstab Wald.
„Auch wenn die von öffentlicher Hand, Initiativen und Privatleuten vorangetriebenen Neuanpflanzungen dem Waldverlust hinterherrennen, stellen wir uns dieser Marathonaufgabe“. Mit Stichtag 31. Dezember 2022 wurden der unteren Forstbehörde beim Landkreis Harz von den Forstbetrieben 20.430 Hektar Kahlfläche gemeldet. Ein Jahr zuvor waren es noch 19.777 Hektar.
Dem Klimawandel und Schädlingen wie der Borkenkäfer wird beim Waldumbau im nördlichsten deutschen Mittelgebirge mit Baumarten wie Douglasie, Roteiche, aber auch einheimische Sorten wie Eiche und Buche begegnet. Allerdings seien pro Jahr mehr als 1.000 Hektar Neuaufforstung nicht zu stemmen, beklagte Wolfhardt Paul vom Landesforstbetrieb. Deshalb betonte Landrat Balcerowski: „Wir müssen die Menschen sensibilisieren und brauchen eine breite Unterstützung der Bevölkerung.“ Zwar laufe man im Harz aktuell mit den Aufforstungen dem Kahlfall hinterher, „wir geben aber nicht auf“
Franz Prinz zu Salm-Salm forderte in der Debatte, dass sich die Gesellschaft den Realitäten und den Folgen des Klimawandels stellen müsse. Der Wald sei keine Großstadt-Wohlfühloase. Um die aktuell gravierenden Probleme des Waldes zu lösen, „brauchen wir intelligente Lösungen und Menschen, die es machen“, so der scheidende Vorsitzender des „Waldbesitzerverbandes Sachsen-Anhalt e.V.“. Salm-Salm bestärkte den Harzkreis ausdrücklich, den beim Waldumbau eingeschlagenen Weg weiterzuverfolgen und in den Anstrengungen nicht nachzulassen.
Der Weg zum Wald der Zukunft sei lang. Rund hundert Millionen neue Bäume müssen auf den Kahlflächen gepflanzt werden. Zum Vergleich: Eine Wiederaufforstungsfläche in der Höhe von 1.592 Hektar im Landkreis Harz (ohne den Nationalpark Harz) bedeutet eine benötigte Pflanzenanzahl von etwa sechs Millionen Pflanzen. Dabei entfallen etwa vier Millionen Pflanzen auf die Landesforstbetriebe.
Derzeit geht Landrat Balcerowski von einer Wiederaufforstungsperiode von etwa 15 Jahren aus. Beim gleichen Tempo der Aufforstungen würden diese aber in etwa drei Jahren wegen einsetzender Naturverjüngungen und der Sicherung, dieser durch Sukzession entstandenen Waldbestände, die Kahlflächen deutlich reduzieren und deutlich sichtbar eine neue Waldära einleiten.
Ein weiteres Thema der heutigen Sitzung des Krisenstabes Wald in Blankenburg war ein Live-Test von Waldbrandsensoren. Das Start-up-Unternehmen „Breeze Technologie“ aus Hamburg hat seit Anfang 2023 in Abstimmung mit dem Landkreis unter anderem um Blankenburg, Derenburg, Timmenrode, Heimburg, Börnicke und Gernrode herum insgesamt zwölf Sensoren zur Waldbrandfrüherkennung aufgebaut.
Diese hochempfindlichen Messgeräte werten Daten der Luftqualität in Echtzeit aus. Vorausgegangen ist eine etwa zweiwöchige Lernphase der Sensoren, um diese an die regionaltypisch ermittelten Basiswerte zu gewöhnen, wie Haris Sefo von „Breeze Technologies“ beim Test erläuterte. „Ziel ist es also in einer ersten Versuchsphase im Harz ein weiteres Waldbrandfrüherkennungssystem zu erproben und über den gesamten Harz zu verteilen.“
Der Praxistest lief erfolgreich. „Dieses innovative und selbstlernende System entlang des 140 km-Streckennetzes der Harzer Schmalspurbahnen könnte bei der Früherkennung von Bränden einen wichtigen Beitrag bei der Brandprävention leisten“, erklärte Landrat Thomas Balcerowski, der auch Aufsichtsratschef der Harzer Schmalspurbahnen ist.
Klimawandel im Harz
Das Jahr 2022 war in Sachsen-Anhalt mit einer Durchschnittstemperatur von 10,8 °C das viertwärmste Jahr nach 2018 in Folge. Mit rund 421 mm Niederschlag auch erneut viel zu trocken. Damit liegt die Niederschlagsmenge 2022 etwa 23 Prozent unterhalb des durchschnittlichen Niederschlags der Referenzperiode (1961 bis 1990). Auch die nassen Monate Februar und September konnten das Wasserdefizit im Boden nicht kompensieren. Hinzu kommen hohe Tagestemperaturen und starke Winde.
Aussagen zur Vitalität der Bäume zeigt der Zustand der Baumkrone. Die mittlere Kronenverlichtung ist bei allen Baumarten angestiegen ist auf 27 Prozent angestiegen, wobei besonders die Fichte vom Nadelverlust betroffen ist. Der Gesamtwert liegt zum fünften Mal in Folge über dem langjährigen Durchschnitt.
Foto und Bild: Landkreis Harz/Pressestelle