Wie bei den Hobbits, nur nicht im Auenland, sondern im Harz
Das „Muss“ für jeden Harz-Urlauber: Die Wohnhöhlen an der Höhlenstraße am Schäferberg und auf der Altenburg
Durch einen Artikel in einem Reiseführer sind wir auf die einzigartigen Wohnhöhlen in Lagenstein aufmerksam geworden. Begeistert traten wir die Anreise an. In dem beschaulichen Örtchen Langenstein angekommen, waren die Höhlen am Schäferberg sehr gut ausgeschildert. Doch war uns bekannt, dass es nicht nur dort, sondern auch auf der Altenburg weitere Höhlenwohnungen gibt. Nur wenige hundert Meter nach Einfahrt in den Ortskern findet sich an einer Felswand der Hinweis zur Altenburg mit seinen in Sandstein gehauenen Unterkünften. Parkplätze in diesem Bereich sind rar, so dass wir den Wagen in einem angrenzenden Feldweg, an einem Teich gelegen, parkten. Den Hund angeleint und schon ging es los. Die wenigen Stufen zum offiziellen Aufstieg waren schnell erklimmt, doch war der Weg wegen der Gefahr herabfallender Gesteinsbrocken gesperrt.
Ein Erlebnisbericht: Der Aufstieg zu den Wohnhöhlen auf der Altenburg
Eine andere, alternative Streckenempfehlung war aktuell nicht ausgeschildert. Dies sollte in jedem Fall zwingend nachgeholt werden. Also stiege wir die Stufen wieder hinab. Was nun? Abbrechen und weiter in Richtung der anderen Höhlenwohnungen am Schäferberg oder einen anderen Aufweg finden. Wir entschieden uns für die letztere Alternative und erklommen das doch recht steile Felsmassiv von der Waldseite her, und zwar vom Teich aus betrachtet. Ein nicht ungefährlicher Aufstieg, der insbesondere für ältere Personen oder solche mit gesundheitlichen Einschränkungen ungeeignet ist. Dies auch deshalb, weil keine Absicherungen bestehen und der Abgrund manchmal doch recht nah war. Oben auf dem Massiv angekommen, fehlt ebenfalls eine Ausschilderung. So ist der Besucher völlig auf sich allein gestellt.
Durch Fragen anderer Besucher sind wir dann doch fündig geworden. Die Wohnhöhle auf der Altenburg, die wir schon aus dem Flyer kannten, war geöffnet und wir konnten diese besichtigen. Schön wäre es gewesen, wenn man auch dort eine Informationstafel zur Geschichte der Höhlenwohnungen aufgestellt hätte. So werden Besucher ein wenig „im Regen stehen gelassen“. Der Abstieg erfolgte dann auf der anderen Hangseite. Dort gibt es einen weiteren Weg, der auch für den Aufstieg der richtige gewesen wäre. Um dorthin zu gelangen, ist der Hauptstraße ein Stück weiter in Richtung Ortskern zu folgen., wo dann nach etwa 200 Meter rechts ein kleiner Trampelpfad auf den Berg abgeht. Der körperlich anspruchsvolle Auf- und Abstieg dauerte etwa eine Stunde.
Zwischenstopp und Stärkung auf dem Schäferhof
Zurück am PKW ging es weiter entlang der nunmehr gut beschilderten Hauptstraße in Richtung Schäferberg. Auf der rechten Straßenseite befindet sich das idyllische Schäferhof, die älteste Hofanlage in Langenstein bei Halberstadt. Der denkmalgeschützte und sehr schön restaurierte Vierseitenhof aus dem Jahr 1823 wird als Landhotel und als Kultur- & Festscheune sowie Hofcafé mit eigenem Hofladen genutzt. Der ganze Innenhof ist sehr schön dekoriert und für Gäste hergerichtet. Dort können Besucher bei einem guten Stück Kuchen, einer Bratwurst und Kaffee oder einem Kaltgetränk entspannen und die Sonne genießen. Das zu angemessenen Preisen. Dort befindet sich auch eine Stempelstelle der Wandertour „Im Schatten der Hexen“. Gestärkt ging es dann weiter zum nächsten Aussichtspunkt.
Die „Hobbit“-Höhlen am Schäferberg
Nach wenigen Minuten erreichten wir dann die Wohnhöhlen am Schäferberg. Auch dort stellte sich das Problem des Parkens. Beim nächsten Besuch werden wir den Wagen auf der Hauptstraße – etwa vor dem Schäferhof – parken und die kurze Wegstrecke, die barrierefrei zu erreichen ist, zurücklegen. Anders als die Wohnhöhle auf der Altenburg können die am Schäferberg auch von körperlich eingeschränkten Besuchern besichtigt werden. Direkt vor dem Areal ist eine Infotafel zur Geschichte aufgestellt, die einen ersten Aufschluss gibt.
Zur Geschichte der Harzer Wohnhöhlen
m Bereich der Höhlenstraße am Schäferberg gab es ehemals zehn Felsenwohnungen. Diese Behausungen wurden von 1855 bis 1858 von jungen Landarbeiterfamilien mit Hammer und Meißel aus den Sandsteinwänden gegraben. Sie bestanden meist aus einer Wohnstube, einer Küche und mindestens einem Schlafraum sowie einem Vorratsraum. Die Grundfläche einer Höhlenwohnung belief sich auf etwa 30 qm. Der letzte Troglodyt, wie die Höhlenbewohner genannt wurden, verließ seine ungewöhnliche Heimstätte erst 1916. Danach dienten die ehemaligen „Felsenvillen“ etwa ein Jahrhundert als Vorratskeller oder Tierställe, bis diese nunmehr für Besucher wieder erschlossen wurden.
Historische Fotos der Schmidt-Höhle Historische Fotos der Schmidt-Höhle Küchenbereich Kinderzimmer mit weiteren Infos zur Wohnhöhle Blick in den Innenraum Kinderzimmer
Massive Türen in der Felswand, Fenster mit weißen Gardinen und winzige Gärten mit Küchenkräutern erinnern noch heute an das Leben ihrer einstigen Bewohner. Manchmal scheint es gar, als würde jeden Moment ein Hobbit aus einem Tolkien-Roman zur Tür hineinstolpern. Besucher begeben sich auf eine einzigartige Geschichtsreise und werden versetzt in längst vergangene Zeiten. Alle Räume, hergerichtet wie ein Miniatur-Puppenhaus, sind frei zugänglich und geben ein einzigartiges Bild von den damaligen Lebensverhältnissen. Abgerundet wird das Bild durch sehr gute Informationstafeln mit Hintergrundinformationen, wie etwa der Geschichte des letzten „Höhlenbewohners“ und Drehorgel-Spielers, Ludwig Schmidt. Sein Leben wird durch Fotos plastisch erzählt und greifbar gemacht.
Die Höhlenwohnungen sind ein Muss für jeden Harz-Urlauber
Unser Fazit: Jeder Harz-Besucher sollte unbedingt einen Abstecher nach Langenstein machen. Die einzigartigen Behausungen sind ein Besuch Wert, egal ob mit der Familie, in Gruppen oder allein. Auch Kinder haben ihren Spaß und sind mit Freude dabei, die Hobbit-Höhlen zu erkunden. Zudem können Wanderer dort einen weiteren Stempel zum Thema „Im Schatten der Hexen“ ergattern. Ein rundum gelungenes Konzept.
Quelle und Bildquelle: Redaktion
Und wer geschichtlich interessiert ist, der hat die Möglichkeit, die KZ-Gedenkstätte Langestein-Zwieberge in unmittelbarer Nähe zu besichtigen. Mit dem Auto sind es von den Höhlenwohnungen aus nur wenige Minuten Fahrt bis dahin.