(derharz) Zugegeben: Allein der Geruch auf einer Kläranlage ist schon gewöhnungsbedürftig – wie aber muss es sich anfühlen im Klärschlamm des Faulturms auf Tauchtour zu gehen? Die Antwort darauf ist so einfach wie plausibel: „Warm und dunkel“, so die nordisch-ausführliche Aussage der Berufstaucher des Tauchbetriebs S. Richter.
Drei Männer der Fachfirma aus Schenefeld bei Hamburg waren eine Woche zu Gast auf der Kläranlage der Stadt Seesen um die Ablagerungen am Grund des Faulturms zu beseitigen und so einer Verstopfung vorzubeugen. Was auf den ersten Blick vielleicht unkompliziert erscheint, ist im wahrsten Sinne des Wortes Schwerstarbeit, denn die Profis müssen nicht nur rund 20 Meter tief abtauchen und den Grund des Faulturms bei einer Temperatur von 36 Grad und absoluter Null-Sicht absaugen – sie tragen dabei auch noch eine Ausrüstung, die 67 Kilogramm schwer ist.
Dazu zählen nicht nur der massige und absolut dichte Taucheranzug inklusive Taucherhelm, sondern auch an den Füßen befestigte Gewichte, die ein Auftauchen verhindern sollen.
Da ist es wenig verwunderlich, dass ein Tauchgang maximal 2,5 Stunden dauert und sich die Taucher mit ihrer Arbeit abwechseln. Kommuniziert wird über Funk mit klaren Anweisungen, die vom jeweiligen Empfänger immer wiederholt werden um Missverständnisse zu verhindern. So wird auch sichergestellt, dass jede Stelle auf dem Grund bearbeitet wird – denn zu sehen ist in den dunklen Untiefen des Faulturms absolut nichts.
Die Konsistenz der Tauchumgebung ist übrigens weniger fest als vielleicht angenommen: „Die Dichte ist ähnlich wie Wasser“, so die Berufstaucher. Nur dass es sich eben nicht um Wasser, sondern um das Endprodukt in der Klärkette handelt. Immerhin: Vom Geruch ihrer Umgebung bekommen die Taucher in ihren Anzügen mit Frischluftzufuhr nichts mit.
Über einen Absaug-Schlauch wird der störende Sand vom trichterförmigen Grund an die Oberfläche befördert, ehe er direkt vor Ort neben dem Faulturm gepresst und schließlich abtransportiert wird. Insgesamt rund 150 Kubikmeter gepresster Klärschlamm sind auf diesem Weg im Seesener Klärwerk zusammengekommen.
„Der Schlamm wird von den Landwirten aus der Region abgeholt und dient auf den Feldern noch als Dünger“, erklärt Marius Bertram, Leiter der Kläranlage in Seesen. Für die Mitarbeiter des Klärwerks gehört das Prozedere zum Geschäft: „Es ist normal, dass sich nach einiger Zeit Feinsand im Faulturm ablagert. Zuletzt war das 2016 der Fall“, so Bertram weiter. In einigen Jahren werden die Profis also erneut auf Tauchtour im Faulturm gehen.
Quelle & Bild: Stadt Seesen, 24.03.2022