Zeitreise im Harz durch viele Epochen
Den „anderen Harz“ abseits der Touristenpfade erkunden
Der Harz ist mit seiner großflächigen Bergwildnis, bestehend aus ausgedehnten, verwunschen wirkenden Wäldern, wilden Flussläufen und Wasserfällen, Mooren sowie tief eingeschnittenen Tälern einer der meistbesuchten Touristenmagnete in der Bundesrepublik. Dort, wo das das Klima rau und das Wetter oft launisch sind. Das Mittelgebirge zieht jährlich Hunderttausende Wanderer, Urlauber, Kurgäste und Sportler an. Schon Johann Wolfgang von Goethe, Heinrich Heine, Hans Christian Andersen und Hermann Löns nutzten den Harz für ausgedehnte Wanderungen und sammelten dort Kraft und Ideen für neue Ideen. Nicht nur um den Brocken, dem höchsten Berg des Harzes und im Norden Deutschlands, ranken sich diverse Mythen und Geschichten.
Ehemalige innerdeutsche Grenze
Während der deutschen Teilung von 1949 bis 1990 zog sich die innerdeutsche Grenze durch das westliche Drittel des Harzes. Auch annähernd 30 Jahre nach der politischen Wende und dem Wegfall der Grenzanlagen zeigen sich die Folgen der Trennung noch immer. Abseits der stark frequentierten Gebiete bröckelt in vielen malerischen und beschaulichen Ortschaften der Putz, im wahrsten Sinne des Wortes. Der Harz hat sich heute, ebenso wie die Grenze zwischen Ost- und Westharz, den Gegebenheiten angepasst. Doch die Geschichte lebt weiter. Überall im Harz finden sich noch heute Reste der Trennung. So erinnern ehemalige Grenzsperren, Reste von Grenzanlagen, Wachtürme und diverse Museen an die deutsche Teilung. Zahlreiche Mitarbeiter unserer Redaktion haben das Leben direkt an der DDR-Grenze und in unmittelbarer Nähe des Grenzzaunes noch miterlebt. Harz-infos hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese historischen Orte zu dokumentieren und Besuchern des Harzes – außerhalb der üblichen Besuchsrouten – zugänglich zu machen. Lernen Sie den Harz von seiner anderen, historischen Seite kennen.
Der Harz als wichtiger Standort der Rüstungsindustrie
Im Zweiten Weltkrieg entwickelte sich der Harz zu einem Zentrum der Rüstungsindustrie. Der Grundstein dafür legte die Reichswehr bereits während der Weimarer Zeit damit ihren Bestrebungen, hinter dem Rücken der Alliierten ein flächendeckendes Netz an geheim operierenden Rüstungsbetrieben zu schaffen. Der Harz, weit von den Ballungszentren entfernt, bot optimale Voraussetzungen der Geheimhaltung. Mit staatlichen Mitteln gefördert entstanden im Harz eine Vielzahl an Rüstungsschmieden, insbesondere der Sprengstoff- und der metallverarbeitenden Industrie. So errichtete die Dynamit AG u. a. in Herzberg eine Füllstelle für Granaten (Werk „Kiefer“) und ein Sprengstoff-Werk in Clausthal-Zellerfeld (Werk „Tanne“). Wegen der Nähe zur Odertal-Sperre errichteten die Schickert-Werke in Bad Lauterberg eine gigantische Anlage zur Herstellung von Wasserstoffperoxid. Aber auch andernorts im Harz entstanden kurz nach der NS-Machtübernahme eine Vielzahl an Rüstungsschmieden, wie etwa das Metallwerk Odertal (Zweigwerk von Polte Magdeburg) in Bad Lauterberg. Mit der vermehrten Abberufung deutscher Arbeitskräfte an die Front wuchs auch im Harz die Zahl der Zwangsarbeiter, die in Lagern und Baracken unweit der Rüstungsfabriken untergebracht waren.
Mit den zunehmenden Angriffen der Alliierten auf deutsche Rüstungsfabriken kam die Idee auf, weite Teile der Rüstungsindustrie vor Luftangriffen geschützt unter die Erde zu verbringen. Vorreiter war die Luftrüstung, aber auch andere Rüstungsbetriebe zogen später nach. Eine „Vorreiterrolle“ im Harz kam dabei dem Raketenwerk für die A4-Rakete im Mittelwerk bei Nordhausen, dem späteren KZ-Außenkommando Mittelbau-Dora, zu. Nach der Bombardierung des V2-Serienwerkes in Peenemünde im August 1943 fiel die Entscheidung, die Entwicklung der Rakete vollständig von der Serienproduktion zu trennen und ein zentrales Montagewerk in die durch KZ-Häftlinge für diesen Zweck noch herzurichtende Stollenanlage der Wifo bei Nordhausen zu errichten. Der Staatsbetrieb betrieb dort in den Stollen des Kohnsteins seit 1936 ein staatliches Treibstofflager, das zu Gunsten der Raketenproduktion zu räumen war. KZ-Häftlinge des bis zur Selbständigkeit zunächst Buchenwald unterstehenden KZ-Außenkommandos mussten die Stollen unter menschenunwürdigen Umständen und Einsatz ihres Lebens für die Produktion der Rakete herrichten.
Enthusiastische Planungen sahen seit Spätsommer 1943 vor, in der Region um Nordhausen eine Art Festung, Zentrum und letzten Zufluchtsort der deutschen Kriegsindustrie zu schaffen. So waren nach dem Beispiel „Dora“ weitere untertätige Produktionsstätten für die Flugzeug- und Mineralölindustrie beispielsweise in Halberstadt im Thekenberg, in Blankenburg, in der Heimkehle bei Rottleberode und in Osterode geplant. Im Sog dieser Entwicklung waren auch andere Rüstungsbetriebe bestrebt, ihre Produktion und Forschungsabteilungen in der Endphase des NS-Regimes in den Harz zu verlegen.
Zurück blieben nach dem Krieg und nach dem Fall der Mauer zahlreiche Munitionsfabriken, Bunker und Industrieruinen, die bis heute verfallen. Niemand nimmt sich ihrer an. Diese gerieten nach und nach immer mehr in Vergessenheit. Teils erinnern weder Gedenk- oder Hinweistafeln an diese Orte. Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, ein Mahnmal zu setzen und diese Standorte zu dokumentieren und so die Erinnerung aufrecht zu erhalten. Auch diese Standorte sind ein Teil der Geschichte, die es gilt, zu bewahren oder zumindest darüber zu berichten. Gehen Sie mit uns auf Suche.
Vergessene Zeugen der Vergangenheit
Geschlossene Ferienheime, verlassene Sanatorien und Heilstätten, aufgegebene Industrieanlagen, ruinöse Hotels. Der Zahn der Zeit hat den Harz schwerer getroffen, als viele andere Regionen der neuen Bundesländer. Dort, wo zu florierenden Zeiten Medizingeschichte geschrieben, Infektionskrankheiten erfolgreich behandelt, SED-Funktionäre residierten, FDGB-Gewerkschafter ein und ausgingen und Einheimische sowie Touristen entspannten, dominiert seit Jahren der Verfall. Architektonisch anmutende und ehemalige Prestigeobjekte wirken heute verstoßen. An dessen einstige Existenz scheint sich keiner erinnern zu wollen. Für viele dieser Objekte kommt jede Hilfe zu spät. Der vollständige Verfall ist vorhersehbar. Verlässt man im Harz die üblichen Touristenpfade, entdeckt man links und rechts des Weges jene Zeitzeugen, die auf einen Abriss oder eine Neunutzung warten. Dabei wirken die meisten Bauwerke heute, als habe ein Wirbelsturm gewütet oder die hydraulische Zange des Abbruchbaggers nach wenigen Griffen die Lust verloren. Harz-infos dokumentiert diese „Lost-places“ und versucht diese Standorte so zumindest fotografisch für die Zukunft zu dokumentieren. Helfen Sie uns dabei. Wir freuen uns über jeden Beitrag von Ihnen. Helfen Sie uns dabei, um unsere Geschichtsdatenbank zu erweitern. Gastbeiträge oder Fotodokumentationen solch verlassener Orte sind gerne willkommen.